„Dass die Investoren zurückhaltend sind, liegt auch an den geforderten Investitionen zur energetischen Ertüchtigung des Bestands.“ Ein Kommentar zur Situation auf dem Hamburger Markt für Gewerbeimmobilien von Andreas Boberski, geschäftsführender Gesellschafter bei Zinshausteam & Kenbo.
Im ersten Quartal 2023 wurde in Hamburg am Investmentmarkt kaum Umsatz gemacht. Im April sorgte die Stadt Hamburg mit dem Erwerb der Finanzbehörde am Gänsemarkt für 120 Mio. € für ein Ausrufezeichen. Und die Pläne der Stadt für das Baudenkmal stehen durchaus für die Handlungsoptionen an einem Investmentmarkt, dem zunehmend der Neubau ausgeht. Die Stadt will weitere bis zu 45 Mio. € in die Sanierung der 100 Jahre alten, zentral gelegenen Immobilie investieren. Neben den energetischen Aspekten geht es auch um die Schaffung von modernen Arbeitsplatzkonzepten – etwa mit flächensparendem Desksharing.
Und damit liegt der kommunale Investor im Trend der Zeit. Die Unternehmen suchen moderne Qualitätsimmobilien in zentralen Lagen, mit denen sie gleichzeitig attraktiv für die weiterhin knappen Fachkräfte sind sowie ihre CO2-Bilanz verbessern. So bleiben Büroflächen in der City knapp und die Mieten steigen hier – während sie an der Peripherie ob des größer werdenden Leerstands fallen. Dass künftig insgesamt weniger Bürofläche gebraucht wird, gilt inzwischen als unstrittig.
Im Zuge der Transformation zu Mixed-use-Assets sind daher Büros in der City auch eine Umnutzungsoption für die großen Kaufhausimmobilien an der Mönckebergstraße. Doch auch hier gilt es, die ESG-Kriterien zu beachten. So hat das Europäische Parlament im März 2023 die Neufassung der „Energy Performance of Buildings Directive“ (EPBD) verabschiedet. Sie sieht eine Sortierung nach Energieeffizienzklassen von A (Null-Emissions-Gebäude) bis G (gehört zu den national 15 % energetisch schlechtesten Gebäuden) vor.
„Die Unternehmen suchen moderne Qualitätsimmobilien in zentralen Lagen, mit denen sie gleichzeitig attraktiv für die weiterhin knappen Fachkräfte sind sowie ihre CO2-Bilanz verbessern.“
Andreas Boberski
Zinshausteam & Kenbo
Geschäftsführender Gesellschafter
Der Ausweis über die Gesamtenergieeffizienz ist verpflichtend bei Verkauf, Neuvermietung und Refinanzierung einer Hypothek. Der Druck für eine bessere CO2-Bilanz kommt inzwischen nicht mehr nur aus der Politik, sondern auch von Endinvestoren, Banken sowie vor allem von den Nutzern. Für Nichtwohngebäude soll ab Januar 2027 mindestens Energieeffizienzklasse E erreicht werden, ab Anfang 2030 Klasse D. Bei mangelnder Umsetzung drohen Stranded Assets. In den Niederlanden etwa können in diesem Kontext bereits jetzt Bürogebäude für den Betrieb gesperrt werden.
Zwar ist die EPBD noch nicht in Kraft, doch sie weist den Weg, der auf europäischer Ebene bereits durch die Offenlegungsverordnung oder die Taxonomie beschritten wird, in Deutschland etwa durch das Gebäudeenergiegesetz (GEG).
Belegt ist, dass bei energieeffizienten Gebäuden die Mieten höher sind und die Betriebskosten niedriger. Der Markt ist inzwischen ein Käufermarkt. Aktuell sind es entweder eigenkapitalstarke oder opportunistische Investoren. Beide sind auf der Suche nach Chancen. Verkaufsinteressierte Eigentümer haben aktuell die Option, ihre Immobilien zuvor nachfragegerecht zu modernisieren oder weitere Preisabschläge beim Preis hinzunehmen – zunehmend höhere Abschläge, je länger sie untätig sind.
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