Hamburger Markt für Anlageimmobilien 2023/24

HAMBURG MUSS
INVESTITIONSFREUNDLICHER WERDEN

“Der sich seit Februar 2024 leicht verbessernde Ifo-Geschäftsklimaindex für den Wohnungsbau weist den Weg. Weniger Unternehmen berichten über fehlende Aufträge und stornierte Projekte. In den unterschiedlichen Segmenten der Immobilienwirtschaft verstärkt sich der Eindruck: Das Delta ist erreicht.” Ein Kommentar von Oliver Jost, geschäftsführender Gesellschafter bei Zinshausteam & Kenbo. 

EINDRUCK GRÖSSERER STABILITÄT UND BERECHENBARKEIT


Gleichzeitig Ausdruck dieser Entwicklung und Impuls ist die zarte Senkung des Leitzinses um 0,25 % auf 4,25 % durch die Europäische Zentralbank (EZB) im Juni – die erste Senkung seit fünf Jahren. De facto sorgt die Senkung um ein Viertelprozent nicht für fundamental andere Rahmenbedingungen, aber für den Eindruck von größerer
Stabilität und Berechenbarkeit. Die Unsicherheit über die Entwicklung der Zinsen, der Inflation und der Wirtschaft war in den letzten drei Jahren die größte Investitionsbremse – in Korrelation mit den vielen geopolitischen Baustellen: Krieg in der Ukraine, zunehmende Aggressivität Chinas, Rechtsruck in Europa sowie die Option, dass im November 2024 in den USA tatsächlich Trump ein zweites Mal zum Präsidenten gewählt werden könnte.

 

Während die geopolitischen Unsicherheiten bleiben, entspannen sich die Rahmenbedingungen für die hiesige Immobilienwirtschaft etwas. Dazu gehört in Deutschland, dass etwa das Gebäudeenergiegesetz (GEG) nicht mehr diskutiert wird, sondern beschlossen ist. Und auch der Förderrahmen ist transparenter. Die Akteure am Markt testen nun, was dieser Rahmen ermöglicht. Wir sehen viel Dynamik, Innovationsbereitschaft und neue Player – gerade im Bereich Energie und der TGA (Technische Gebäudeausrüstung). Und diese Unternehmen probieren, was alles geht: Luft-Wärme-Pumpen mit Gasheizungen kombinieren, Elektroheizungen, die aus Photovoltaikmodulen gespeist werden, die überraschende Performance intelligenter Thermostate gerade in Mehrfamilienhäusern, die bereits angelaufene Sanierung der riesigen Bestände aus den 1950er bis 1970er Jahren mit seriellen Modulen. Auch die Bauunternehmen zeigen sich angesichts der Neubauflaute offen für neue Ansätze.

 

Passend zu den Startups und Proptechs, die mit Digitalisierung und dem Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) für die überfällige Modernisierung der Immobilienwirtschaft sorgen, tritt auch eine neue Generation von Immobilieneigentümern auf den Markt. Die Erbengeneration ist bereit, über Manage-to-green nachzudenken, braucht aber – ob der Komplexität der Aufgabe –Lösungsangebote und Unterstützung.

Kritisch sehe ich die abwartende Haltung der einheimischen institutionellen Investoren. Während die Privaten loslaufen und ihre Gelegenheiten nutzen – und übrigens auch die kommunale Saga – warten die deutschen Institutionellen darauf, dass sich der Markt deutlich sichtbar erholt.

Oliver Jost
Zinshausteam & Kenbo
Geschäftsführender Gesellschafter

ZEIT FÜR DEREGULIERUNG IST GEKOMMEN


Deutschland und damit auch Hamburg muss jetzt investitionsfreundlicher werden, mehr Spielräume für Investitionen schaffen. Nach einer Phase der expansiven Regulierung, die wir uns auf Basis niedriger Zinsen und billiger Energie erlauben konnten, ist jetzt die Zeit für Deregulierung und Innovation
gekommen. In der Politik kommt diese Botschaft langsam an und die Initiative der norddeutschen Bauminister, aber insbesondere auch das Engagement der hamburgischen Bausenatorin Karen Pein, zur Entschlackung der Baustandards ist sehr zu begrüßen. Der Erfolg dieser Bemühungen hängt jedoch auch vom Mindchange an den Schreibtischen ab, an denen in den Bezirken über Baurecht und Baugenehmigungen entschieden wird. Ein zentraler Baustein ist hier die lange vernachlässigte Digitalisierung der Prozesse – auch um die nachwachsende Generation an diese Schreibtische zu locken. Stand Mitte Juni wurden deutschlandweit erst 2.000 digitale Bauanträge mit dem Anfang 2021 von Mecklenburg-Vorpommern entwickelten Programm gestellt – davon 400 allein im Landkreis Nordwestmecklenburg. Das sind weniger als 1 % der jährlich erteilten Baugenehmigungen.

MARKTBERICHT ZINSHÄUSER Hamburg 2024

Lesen Sie hier unseren gesamten aktuellen Marktbericht:
32 Seiten Daten, Fakten und Analysen über den Hamburger Markt für Anlageimmobilien.

AKTUELLE ENTWICKLUNG DES ZINSHAUSMARKTES IN HAMBURG


Wie entwickelt sich vor diesem Hintergrund der Zinshausmarkt? Bereits im vergangenen Jahr haben wir viele private Akteure und Family Offices erlebt, die mit Investitionen lange pausierthatten, aber nun angesichts der deutlich gefallenen Preise und Faktoren kaufen. Diese Klientel – oft die nächste Generation – nutzt weiterhin ihre kurzen Entscheidungswege, um die aktuellen Opportunitäten zu nutzen. Parallel sinkt auch die Erwartung der Verkäufer, dass die Faktoren das Anfang 2022 erklommene Niveau zeitnah wieder erreichen. Wer Geld von der Bank braucht, sollte wissen, dass eine Finanzierung nur mit einem professionellen Konzept zur energetischen Entwicklung der Immobilie gewährt wird.

 

Kritisch sehe ich die abwartende Haltung der einheimischen institutionellen Investoren. Während die Privaten loslaufen und ihre Gelegenheiten nutzen – und übrigens auch die kommunale Saga – warten die deutschen Institutionellen darauf, dass sich der Markt deutlich sichtbar erholt. Das dürfte dann wahrgenommen werden, wenn internationale Investoren mit großen Budgets in Deutschland kaufen. Die institutionellen Investoren können nur Neubauten oder sanierte Bestandsimmobilien nach ESG Richtlinien kaufen, haben aber Renditeanforderungen die mit den stark korrigierten Preisen immer noch nicht erreicht werden können. Projektentwickler können aufgrund der hohen Baukosten und Grundstückseinstände den Kaufpreis nicht weiter reduzieren und bei den kalkulierten, erzielbaren Durchschnittsmieten gibt es auch oft keine Übereinstimmung. Ein Zielkonflikt der bald gelöst werden muss.

 

Ein positives Signal für Zinshausinvestoren sind die deutlichen Steigerungen der erzielbaren Mieten. Die Flaute am Markt für Wohneigentum sowie der Einbruch beim Bau neuer Mietwohnungen wird das Angebot zunehmend verknappen – zumal ein Ende der Zuwanderung aus krisen- und kriegsgeschüttelten Regionen nicht absehbar ist. Vor diesem Hintergrund immerhin verzichten Banken auf Vorverkaufsquoten und fördern aus Eigeninteresse die Fertigstellung begonnener Projekte.

GRUNDSTÜCKSMARKT STAGNIERT

Ob sich der 2023 darniederliegende Grundstücksmarkt im Bereich Geschosswohnungsbau so schnell wiederbelebt, bleibt abzuwarten. Dafür spricht, dass zumindest die Bodenrichtwerte in den letzten zwei Jahren um über 36 % nachgegeben haben. Dagegen spricht, dass vielen Projektentwicklern das Kapital zum Kauf fehlt, weil es in Projekten steckt, die nicht so recht vom Fleck kommen – entweder, weil sie noch keinen Markt finden, oder weil sie in der Bürokratie feststecken.


Lange Rede, kurzer Sinn: Die Marktsituation ist wesentlich übersichtlicher, als noch vor einem Jahr. Das befördert die Handlungsbereitschaft und Entscheidungsfreude – und sorgt für Bewegung sowie in der Konsequenz für Investitionen.